Und wieder einmal ist Klimaprotest. Die Berner Zeitung (28.02.2023, Klimabewegung unter Druck – wie viel Kraft hat sie noch?) hat schon getitelt, dass sich heute zeigen werde, ob die Klimaprotest-Bewegung ihren Schwung noch hat.
Ich könnte natürlich den 324564. Beitrag über die Frage der Legitimität verfassen. Ich versuche es zu vermeiden, versprochen!
Ich will auch gar nicht über die Klimaprotestierenden poltern, denn fürs Anliegen habe ich durchaus Sympathien. Die Einsicht, dass wir nicht wie bisher weitermachen können habe ich längst. Wenn ich sehe wie der Teenager Greta Thunberg, Häme, Drohungen und Hasskommentare von erwachsenen gestanden Männern erhält, die ihre ganze Kreativität investieren um wütende Texte in die Tasten zu hauen und Aufkleber für Ihre Heckscheibe produzieren lassen, dann finde ich das eher erbärmlich mit anzusehen. Würden Sie auf die gleiche Weise über Ihre Tochter herziehen wenn sie fürs Klima protestiert?
Aber was bringen den praktisch gesehen Klimastreiks und Klebeproteste? Es ist mittlerweile wohl Jedem aufgefallen: Nach den Protesten diskutieren wir über die juristischen Aspekte des Protests, ob der internationale Polizeiinformationsaustausch über das beste Lösungsmittel für Sekundenkleber wohl funktioniere, ob für den Picasso eine andere Marke Tomatensuppe verwendet werden sollte als für den Monet…über alles ausser übers Klima!
Seit der letzten Wählerbefragung diese Woche wissen wir auch, dass die Grünen bei den nationalen Wahlen im Herbst von allen Parteien am meisten verlieren werden. Die Abstimmung übers CO2 Gesetz haben sie verloren, im Kanton Bern haben sie die Abstimmung über die Änderung der Motorfahrzeugsteuer verloren (Ich selbst habe JA gestimmt) und ich könnte noch weitermachen. Und deshalb frage ich mich: «Kleben sie, weil sie verlieren oder verlieren sie, weil sie Kleben»?
Die Umfrage zur Akzeptanz von Lobbyismus in der Schweiz von dieser Woche wirft auch darauf ein Licht. Aktionen welche gegen das Gesetz verstossen – ergo: Klebeproteste – werden von der Bevölkerung mit grosser Mehrheit nicht goutiert. Und nach dieser Erkenntnis tendiere ich dann endgültig zu: «Sie verlieren, weil sie kleben»
Warum sollte ich als Wähler auch, ausgerechnet mit demokratischen Mitteln, jemanden wählen, der Proteste unterstützt, die gegen ein genauso demokratisch legitimiertes Gesetzt verstossen? Dieser Widerspruch, bewusst oder nicht, spüren die Leute offenbar, auch noch, wenn sie eigentlich Sympathien fürs Anliegen haben.
Ich bin kein hardcore law-and-order Typ. Viele die angesichts der Protestierenden und den streikenden Jugendlichen das juristische Zweihandschwert ziehen wollen um die demokratische Ordnung zu verteidigen: Hand aufs Herz, noch nie gegen das Gesetzt verstossen? Noch kein «Seich» gemacht? Auch nicht als Jugendlicher? Vergessen wir nicht, dass auch die Verhältnismässigkeit zur demokratischen Ordnung gehört. Ich will die Demonstrantinnen und Demonstranten jedenfalls – und schon gar nicht die Jugendlichen Streikenden – weder «bis ans Lebensende einkerkern» noch «teeren und federn».
Aber zurück zum Thema, was bringt es politisch denn? Ihr wollt ja etwas von uns…Gewinnen die Grünen mit der Unterstützung für diese Methoden etwas? Das politische Tagesgeschäft besteht eigentlich darin Mehrheiten für Anliegen zu finden oder anders gesagt, grosse Politiker zeichneten sich dadurch aus, dass sie immer eine pointierte Meinung, auchmal gegen die Mehrheit hatten, aber gleichzeitig auch alle zugehört haben. Das Zuhören und Mehrheitenfinden sehe ich hier aber nicht. Die Grünen gehen immer auf die Maximalforderung – oder so nehme ich es zumindest wahr. Und hier kommt eines meiner liebsten Bonmots ins Spiel (selbstverständlich vom sattsam bekannten Hit-Produzenten der Zitate: Sir Winston Churchill; der Typ hat eben eine Menge Wahres gesagt)
«Perfection hinders Progress»
Ich könnte schon ab der ästhetischen sprachlichen Simplizität ins Schwärmen kommen.
Was ich damit aber sagen möchte: Wenn sie bei jedem Vorschlag aufs Maximum gehen und alles reinpacken bis es Ihrer Meinung nach perfekt ist, werden sie nicht vorwärts kommen.
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